Ein Plädoyer für Intersektionalität; oder: Stop fixing people, fix the system.

Ein kaputtes System – viele verschiedene Ausprägungen

Letztens ist mir klar geworden, dass all unsere Diskriminierungserfahrungen auf ein und dasselbe ungerechte, kaputte System zurückgehen. Dieselben Strukturen, die People of Color unterdrücken und Antisemitismus Raum geben, verhindern es auch Menschen mit Behinderungen ein gleichberechtigtes Leben zu führen.

Die Wahrnehmung einer ungerechten Gesellschaft ist dabei nicht exklusiv einer bestimmten marginalisierten Gruppe vorbehalten. (Alltags)Rassismus, Klassismus, Antisemitismus, Homophobie, Transfeindlichkeit oder Ableismus begründen sich alle in derselben falschen Annahme, es gäbe ein „normal“.

Gleichzeitig bedeutet diese Erkenntnis aber auch, dass jedes Engagement der einen marginalisierten Gruppe der anderen hilft. Jedes Aufbegehren, jede Forderung, jedes erreichtes Etappenziel auf dem Weg zu Repräsentation, Gleichberechtigung, Chancengleichheit oder Inklusion ebnet den Weg für alle Menschen, die von der Norm abweichen, aus dem Raster fallen oder an den Rand gedrängt werden. Es geht immer darum, ein Stück von der Torte zu bekommen. Es geht in allen Fällen darum, seine eigene Geschichte schreiben zu dürfen.

Ohne es zu wissen, arbeiten wir also zusammen.

Hoffnung in einem Kampf der Einzelnen

Umso wichtiger ist diese Erkenntnis vor dem Hintergrund, dass es nicht die eine homogene Gruppe der „Behinderten“ gibt. Bisher war es schwierig, die behinderten Menschen von der Notwendigkeit einer übergreifenden Zusammenarbeit innerhalb der Gruppe zu überzeugen. Wir haben, zumindest in Deutschland, noch nie mit einer Stimme gesprochen, sind nie gemeinsam aufmarschiert oder haben gemeinsam protestiert: Diabetiker*in neben Autist*in neben Rollstuhlnutzer*in, neben altem, gehbehinderten Menschen.

Doch vielleicht ist das auch gar nicht nötig, um Fortschritte zu erzielen. Es würde reichen, wären sich alle Menschen über das intersektionale Wesen der Dinge bewusst. Menschen können zur selben Zeit verschiedenen marginalisierten Gruppen angehören. Die Übergänge sind fließend und Mehrfachdiskriminierungen möglich.

Hätten wir erst einmal verstanden, dass wir alle dieselben Ziele verfolgen, unter demselben System leiden, alle zu einem gewissen Grad Täter und Opfer sind, so könnten wir beginnen unser diskriminierendes Verhalten bewusst zu verlernen und damit anfangen uns gegenseitig zu unterstützen und Halt zu geben. Wir lebten in einer offenen Welt, in der die Würde eines jeden Menschen unantastbar wäre und Solidarität das höchste Gut.

Ohne es zu wissen, arbeiten wir bereits heute zusammen.
Lasst uns ab jetzt beginnen dies bewusst zu tun.

Wie mächtig wir wären. Die behinderten Menschen Schulter an Schulter mit People of Color, Frauen neben der LGBTIQ*-Community … Würden wir uns gegenseitig den Weg ebnen, wer wäre dann die „Minderheit“?


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Kommentare

Eine Antwort zu „Ein Plädoyer für Intersektionalität; oder: Stop fixing people, fix the system.“

  1. Avatar von Laatz
    Laatz

    Alles Menschen sind gleich, egal welche Religion, Hautfarbe oder Behinderung. Packen wir’s an und Demonstrieren gemeinsam!
    Wir sind dabei und würden mithelfen!
    Wir waren auch schon im Paul Löbe Haus in Berlin mit anderen Mitstreitern, um unser Anliegen gegen die Krankenkasse/MDK vorzugehen, die immer wieder die Notwendigen Hilfsmittel bei behinderten Menschen ablehnen. Es kann so nicht mehr weitergehen. Gemeinsam sind wir stark!

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